Frage:
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben uns eine Spiel-Hochebene von einer anderen Kita schenken lassen. Das war ein Fehler! Von der Hessischen Unfallkasse habe ich ein 4-seitiges Formular zur Gefahrensichtung erhalten. Kein Sicherheitsstandard wird von der Hochebene eingehalten. Hat denn jede Unfallkasse und der TÜV eigene "Sicherheitsstandards"? Oder sind die Sicherheitsstandards, zumindest die Mindestanforderungen, z.B. für Hochebenen bundesweit geregelt? Danke für die Info!
Antwort:
Sehr geehrte Frau Jordan,
grundsätzlich sind die Unfallversicherungsträger (GUV `n oder Unfallkassen) in jedem Bundesland eigenständig tätig und damit erst einmal unabhängig in der Erstellung von Vorgaben für die bei Ihnen versicherten Mitgliedsbetriebe.
Dennoch ist aber ein Großteil des verbindlichen Regelwerkes einheitlich und bei allen Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand auch "gleichartig" eingeführt, wie z.B. die DGUV Vorschrift 82 "Kindertageseinrichtungen". In dieser Unfallverhütungsvorschrift finden Sie auch explizit Vorgaben für erhöhte Spielebenen im Innenbereich, unter § 25.
Diese sind erst einmal sehr allgemein so formuliert, dass zum einen:
- erhöhte Spielebenen im Innenbereich sicher zu gestalten sind,
- Umwehrungen auf erhöhten Spielebenen so zu gestalten sind, dass
der Aufenthaltsbereich unmittelbar dahinter einsehbar ist,
- das unbeabsichtigte Herunterfallen von Gegenständen aus dem Fußbereich zu verhindern ist.
Nachdem diese Anforderungen nur sehr allgemein - als Schutzziele - beschrieben sind, gibt es zu jeder Vorschrift auch eine Regel, in der Beispiele gegeben sind, wie diese Schutzziele erreicht werden können. Das ist in diesem Fall die DGUV-Regel 102-002 "Regel Kindertageseinrichtungen"; hier finden sich dann Beispiele, was "sicher gestaltet" heißt, z.B. Vorgaben für die Aufstiegshilfen mit entsprechenden Maßlichkeiten (diese habe ich Ihnen auch als Datei angefügt).
Grundsätzlich werden von den Unfallversicherungsträgern die Vorgaben der Norm für Spielplatzgeräte (DIN EN 1176) analog auch bei den erhöhten Spielebenen angewandt (das klärt dann evt. die Anforderungen von externen Prüfern, wie dies z.B. der TÜV o.ä. sind).
Zu Ihrer Frage, warum es ggf. unterschiedliche Anforderungen bei der erhöhten Spielebene in der vorherigen Kita und jetzt bei Ihnen geben kann:
Zum einen gibt es für Krippenkinder nochmals andere Anforderungen als für Kindergartenkinder; wenn also die Einrichtung vorher eine andere Altersgruppe betreut hat, kann dies ein Grund sein.
Zum anderen ergeben sich manche Vorgaben aus der Einbausituation, z.B. wenn plötzlich ein Fenster oder eine Deckenleuchte zugänglich wird, oder auch unterschiedliche Raumhöhen können andere Anforderungen (z.B. an die Brüstungshöhe auf der erhöhten Spielebene) nach sich ziehen.
Wenn dies nicht der Fall sein sollte, können Sie entweder in dem Schreiben der Unfallkasse Hessen nachsehen, ob es sich hier um Forderungen oder Empfehlungen handelt.
Forderungen sollten Sie nachkommen, da im Falle eines Unfalls dann der Unfallversicherungsträger den Verantwortlichen der Kindertageseinrichtung in Regress nehmen kann. Dann muss Ihnen aber auch die Aufsichtsperson, die das Schreiben erstellt hat, konkrete Rechtsbezüge angeben, warum der eine oder andere Punkt gefordert wird.
Wenn es sich nur um Empfehlungen handelt, müssen Sie diesen nicht zwingend nachkommen.
Egal was der Fall ist, es gilt unabhängig davon der Grundsatz: "Gleiche Sicherheit auf andere Art und Weise". Hierbei ist dem versicherten Unternehmen (ihrem Kita-Träger) freigestellt, wie er das Schutzziel (der Unfallverhütungsvorschrift) umsetzt.
Abschließend bleibt noch zu klären, ob das Schreiben wirklich von der Unfallkasse kommt, oder von einem Unternehmen, das mit der Beratung zu Arbeitsschutz und Sicherheit (FaSi - Fachkraft für Arbeitssicherheit) beauftragt wurde. Diese sind nämlich nur beratend tätig und können streng genommen keine "Auflagen" machen.
Ich hoffe, etwas Licht ins Dunkel gebracht zu haben.
Freundliche Grüße,
Peter Schraml
Kommentar:
Heike Jordan
Kita-Leiterin, Schwabing
Lieber Herr Schraml. Ganz herzlichen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort. Sie haben viel Licht ins Dunkel gebracht!